(Bonus Post in German! Ausschnitte aus Kapitel 18)
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Die Nachtluft hat die Hitze des Tages nicht wirklich aus meinem winzig-gemütlichen Dachzimmer vertrieben, und meine schläfrigen Versuche, einer hungrigen Mücke nachzustellen, waren erfolglos.
Aber als die Morgensonne meine schweren Augenlider überlistet, fällt mir wieder ein, was für heute auf dem Plan steht: Das Grüne Band zusammen mit Kai Frobel auszukundschaften. Sein Rückruf erreichte mich im Zug nach Ellrich im Südharz, unterwegs zur zweiten Etappe meiner Expedition. Er schlug vor, mich hier in Mitwitz zu treffen und gemeinsam genau dort hinzugehen, wo vor Jahrzehnten die Geschichte des Grünen Bandes seinen Anfang nahm, viele Jahre noch vor dem Mauerfall.
Diese Geschichte fasziniert mich, seit ich vor Jahren in eine Radiosendung über das Grüne Band geriet: Wie eng sie mit Frobel’s eigener Lebensgeschichte verwoben ist; wie er als 13-jähriger Schuljunge bemerkte, dass bestimmte seltene Vogelarten nur an der Grenze zur DDR vorkamen, die weniger als einen Kilometer von seinem Elternhaus verlief.
Wie viele Schulkinder sind so vertraut mit Vogelarten, dass sie überhaupt wissen, wenn sie eine seltene Art sehen? Der junge Kai erkannte diese Arten – wie das Braunkehlchen – nicht nur, er machte sich gründliche Notizen, jedes Jahr wieder. 1977 – inzwischen war er siebzehn – fasste er seine Beobachtungen in einem Bericht zusammen. Seine Eingabe gewann den ersten Preis in einem Wissenschaftswettbewerb des bayerischen Umweltministeriums, aber das war noch nicht das wichtigste. Das wirklich wichtige war, dass er mit seinem Bericht deutschlandweit als erster die erstaunliche Artenvielfalt im Grenzstreifen dokumentiert hatte. Dreizehn Jahre später sollte dieses Wissen unerwartet aktuell werden, als 1989 die Berliner Mauer fiel und die deutsch-deutsche Grenze ihren Zweck verlor.
Ich hatte auch über Kais unwahrscheinliche Freundschaft mit einem jungen Vogelfreund auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs gehört. Jahrelang konnten sich die beiden nur in Briefen über ihre jeweiligen Beobachtungen austauschen. Dann bekam Kai im Zuge des Kleinen Grenzverkehrs ein 24-Stunden-Visum für die DDR und konnte Gunter Berwing endlich persönlich treffen. Nach der Wende stellten die beiden fest, dass ihre Freundschaft und Gunters Engagement bei einer Jugend-Umweltgruppe Verdacht bei der Stasi ausgelöst hatten: Dicke Akten waren über die Aktivitäten der beiden erstellt worden, mitsamt Kopien jeden einzeln Briefes, den sie je ausgetauscht hatten und Vermerken über ihre angeblich subversive Absichten.
[…]
Wir fahren ein Stück weiter und lassen das Auto neben dem fast zugewachsenen Kolonnenweg stehen. Nach wenigen Minuten zu Fuß tauchen wir in eine andere Welt ein. Ein Zauberwald. Ein Glücksgefühl strömt mit der duftenden, leicht feuchten Waldluft durch meinen ganzen Körper. Kai ist mir zehn Meter voraus; jetzt geht er langsamer und bleibt stehen. Ich sehe ein kleines, grün-funkelndes Etwas mit Filigranflügeln dahinschweben – eine Zauberlibelle.
“Eine grüne Keiljungfer!” flüstert Kai. “Die ist extrem selten.”
Die Keiljungfer schwebt davon und verschwindet in die grün-dunklen Schatten der Erlen.
Wir stapfen weiter auf einem schmalen Pfad zwischen kniehohen Farnen. Vor uns reflektiert Licht auf hindurchschimmerndem Wasser. Kai hält wieder an und richtet sein Fernglas auf etwas, das ich noch nicht sehen kann.
“Ein Schwarzstorch!”flüstert er, noch leiser als zuvor.
Ich spähe durch die kleinen Öffnungen in dem dichten Laub, das einen einen leise plätschernden Bach umrahmt. Kai reicht mir sein Fernglas. Keine zehn Meter von mir kann ich jetzt ein dunkles Etwas ausmachen. Fast verschwimmt es mit dem dem tiefen Schatten der Erlenzweige, die über das Ufer des Bachs hängen. Jetzt bewegt die dunkle Form sich, und nun räumen die roten, langen Beine jeden Zweifel aus. Unter lautem Rascheln nimmt der Storch langsam über dem Bach Fahrt auf und hebt ab. […]
Schon auf dem Weg zurück zu Kais Auto weiß ich, dass der Zauberwald an der Föritz einen besonderen Platz unter den Gaben der Zuversicht einnehmen wird, die mir auf dieser Expedition gereicht worden sind. Ich habe meine Gedanken über das Pilgern Kai gegenüber gar nicht erwähnt, aber kurz vor dem Auto erzählt er mir von seiner Vision für das Grüne Band: ein alternativer Jakobsweg, eine Art Pilgerweg, auf dem Menschen zur Besinnung kommen können. Vielleicht ist es das, was die Menschheit braucht, und damit die Welt: Die nötige Ruhe zu finden, um unter den nichtendenwollenden Eindrücken von außen zu erkennen, was wirklich wichtig ist; den Luxus des Gehens, des Nachdenkens, des in-der-Landschaft-seins. Sich seiner ureigenen Verbindung mit dem Land und dem Großen Ganzen zu entsinnen. In der Gesamtheit von Erinnerung und Erneuerung zu leben.
Kerstin I could read part of the German but with the help of much vocabulary with google translate I’m sorry to say.
I love your line, Aber als die Morgensonne meine schweren Augenlider überlistet, When the morning sun outwits my heavy eyelids…..
I’m just letting you know I sent you a rather extensive g mail . I understand you may be busy, traveling, etc. and that you may not have time to indulge my request….. So I’m just letting you know in case you don’t check that email regularly.
Take care, be safe….
Thank you for reading and responding Lucy! And thank you for your email, too, which I received yesterday. I’ve been having some rather anstrenged computer problems which have left me behind in several ‘departments’ of life…
Ein wirklich schöner Text! Da bekomme ich sofort Lust durch das Grüne Band zu wandern und den Zauberwald zu entdecken.